PRESS 2007

Oktober 2007, arte kultur

arte kultur berichtet über BEGEBEN SIE SICH von MS Schrittmacher,
für das Dieter Mammel Bühnen Bilder produzierte.

Oktober 2007, ArtScope Magazine Chicago

There is a cold, hard edge to Dieter Mammel's watercolor and ink wash paintings in his Blue, Green, Magenta Series. Reminiscent of Gerhard Richter's "unpaintings" with a nod to Morris Louis and Degas, Dieter Mammel's work is both semi-photographic and painterly, with a strangely removed indifference to his subjects that is somehow and simultaneously touchingly familiar, stressed by the monochrome cold color schemes.

Most of Mr. Mammel's work shows a child in some situation or other. In Diver, Dieter shows us a boy with a snorkel and goggles that looks as if he's asleep, yet underwater due to the greenish hue of the painting. You don't know whether he's asleep, drowned, or whether just a flash of a camera made him narrow his eyes. The viewer is not quite sure what to interpret. Sleep can feel like a nitrogen narcosis, what deep-sea divers refer to as a "rapture of the deep". Beach Boy has a boy (the same boy?) playing in the sand on the beach. In Ava, it's not clear what this little girl is doing or where she is. Her right hand is near her mouth. The left hand is an amorphous blob at the bottom of the painting. If she's holding something in her left hand or grabbing at something, you don't know what it is.

Several paintings depict adults in situations with similar absence of context. In Blue Note 2 a man is drawing on a surface (a chalk-board?). If he's writing something, you don't know what it is he's writing, and so, don't know what the man is trying to communicate. You know only what Mr. Mammel decides to show you. There's a man (skiing?) in Helvetia but the artist has chosen to put a large "+" sign over the man's behind -- the significance of which is completely lost without more information.

Mammel's technique borrows somewhat visually from Gerhard Richter's "unpaintings" where cold, removed, snapshot-like paintings are "destroyed" by smearing the paint while it's still wet, except Mammel instead uses heavily watered-down pigment to stain the painting surface. Conceptually, the effect is much like trying to paint a detailed scene with only a wet-on-wet watercolor process, but the lack of detail is created mostly by the technique and effect of staining. There's an inference here of detail, therefore, similar to Asian ink-drawings. The artist shows a keen sense of which wet-on-wet process will produce what kind of surface effect. It's this process that helps him decide what to show and what to hide -- or isolate. Richter's purpose was to "destroy" the image, but Mammel is only building it up, choosing not to show everything by stopping with the underpainting.

Mammel's composition relies strongly on a snapshot quality that, together with the cold-color choices with little real whites, stressed by the unprimed canvas that they are painted on, strongly suggest The Smiths' album covers designed by Morrisey and subsequent videos filmed by the late filmmaker Derek Jarman, in which people and situations are emotionally framed. The result is a window into personal introspection and isolation even while in the midst of a group. This is a "magnifying glass into the soul" approach to the figure in contemporary settings: A bath, at a chalkboard, asleep, on the beach, where we don't and can't really know the context, but can infer through our own experience. We either have been there, or we haven't. If we have, we think we know what is going through the mind of the figure in the painting -- but we don't, really, made painfully obvious by the lack of further clues than what the artist has chosen to give us.

Richard Donagrandi,
Executive Producer of ArtScope Magazine Chicago

Juni 2007, FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND

Kunststück! „Truffaut“ von Dieter Mammel

Ein Junge liest. Liest er? Der Verdacht: Er tut nur so als ob. Blickt in irgendein Buch, doch in Wahrheit tanzen die Buchstaben nur auf und ab und verschwimmen vor seinen Augen. Der Bengel, der hier so brav versucht, sich zu konzentrieren, ist in Gedanken nebenan. In der Ahnung zieht die junge Frau rechts daneben sich aus. Er lauscht nach den Geräuschen, währenddessen ist sie halb nackt.

Der in Berlin lebende Künstler Dieter Mammel, 42, versteht sich aufs Erzählen zweideutiger Szenen. Oft spielt er mit Erinnerungen. Solchen aus der Kindheit zum Beispiel. Und in seinen Bildern ist es oft – wie überhaupt im Leben: Die Spannung liegt in der Vermutung und nie im Wissen. Das Bild „Truffaut“ – es meint wohl wirklich den französischen Regisseur François Truffaut, den man hier als Kind sieht – deutet nur an, die Aussage bleibt verborgen. Technisch allerdings ist diese Arbeit nahezu perfekt: Jeder Lichtstrahl, jeder kleine Schatten auf Körper und Hemd ist präzise gesetzt. Kein Leichtes bei einem Aquarell: Nass in nass, Farbe und Tusche auf die feuchte Leinwand, manchmal ein paar Pigmente dazu eingerieben – eine für diese figürlichen Darstellungen eher ungewöhnliche, sehr schwierige Technik, die keine Korrekturen gestattet.

Das Bild knüpft an Dieter Mammels frühere Kindheitserinnerungen an, die als „Family Works“-Zyklus im Kunstmuseum Bonn und der Pinakothek Athen gezeigt wurden. Die neue Reihe, zu der auch diese Arbeit zählt, heißt „Feeling blue“. Es ist nach den „Magenta Lovers“ die vielleicht existenziellste Folge. Die Menschen, die im Zentrum von Bildern wie eben „Truffaut“ stehen, scheinen auf sich zurückgeworfen, dabei aber ernsthaft, selbstbewusst und sehr bestimmt. Es geht um geistige Landschaften und darum, wo der Einzelne steht, wo er endet – und wo der andere beginnt.

Blau gilt als die Farbe des Glaubens, als die Farbe Gottes, aber es ist auch die Farbe der Ferne, der Tiefe. Die Unendlichkeit des Raumes, so könnte man hier interpretieren, ist der Begrenztheit unseres eigenen Horizonts gegenübergestellt.

Judith Borowski,
FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND vom 29. Juni 2007

François Truffaut
FRANÇOIS TRUFFAUT

Mai 2007, Mai TIP Kunst-Notizen

TIP KUNST-NOTIZEN

Die Gesellschaft der Affen Feeling Blue von Dieter Mammel in der Galerie Seitz&Partner macht die Besucher schlaflos.

Es ist eine seltsam träumerische Welt, in die Dieter Mammel's Bilder der Serie "Feeling Blue" den Betrachter versetzen. Ihre durchscheinenden blauen Farbschichten wirken, als ob man durch Wasser auf die Szene blicken würde, die einerseits nah und deutlich erscheint und andererseits wie weit entfernt, geräuschlos, verlangsamt in den Bewegungen. Man sieht eine Frau mit einem Mann unbekleidet eine Treppe hinuntergehen, an deren Fuß man einen See, von Bäumen umgeben, vermutet, und die Treppe könnte zu einem langsam vermodernden Palast gehören. Man sieht einen Affen, der still beschäftigt im Schatten einer tief gebeugten Frau sitzt, und dieses Motiv scheint einen aus der Welt der Zivilisation in eine Zeit weit davor -oder danach zu katapultieren. Man sieht einen Mann, der dabei ist, sich selbst wegzumalen, und schon etwas geduckt unter einem dunklen Streifen blauer Farbe zu verschwinden beginnt. Alle diese Bilder hat Dieter Mammel, der in Berlin lebende Maler, mit Aquarell und Tinte auf Leinwand gemalt, manchmal zusätzlich Pigmente eingerieben. Die Technik erlaubt keine Korrekturen, verlangt ein schnelles und genaues Arbeiten. Die feinen Verästelungen, mit denen die Farbe längs der Konturen in die Leinwand sickert, das Zerfließen der Linien manchmal, oder die Spuren schneller Bewegungen mit einem breiten Pinsel, der alles mit einem dünnen Schleier überzieht, lassen überall die körperliche Anwesenheit des Malers ahnen; er malt meistens nachts, wenn keine Termine anstehen und keine Telefonanrufe ihn stören können. Die Bilder werden so zu einer Art Wachtraum, wie der Schlaf vor dem laufenden Fernseher. Tatsächlich gehen manche Motive auch auf Filme zurück. In einem Fall passt das gut zum Ausstellungsort, der Galerie Seitz & Partner wenige Meter vom Checkpoint Charlie entfernt. Denn an der ehemaligen Grenze spielen einige Filmszenen mit dem Geheimagenten Harry Palmer, einem Vorläufer von James Bond, die Dieter Mammel in ein flackerndes Blau-Weiß übersetzt hat. Sehenswert !

Kartin-Bettina Müller,
TIP vom 03.05.2007

April 2007, Galerie Seitz & Partner

„Feeling Blue“ Aquarelle auf Leinwand und Papier

Dieter Mammel in der Berliner Galerie Seitz & Partner

Wir freuen uns, Ihnen die neuen Aquarelle auf Leinwand und auf Papier des Berliner Künstlers Dieter Mammel vorstellen zu können. Seine Entdeckungsreise ins eigene Ich begann Ende der 90er Jahre mit der Serie der „Family Works“.
Der Blickpunkt auf Erfahrungen familiärer Strukturen und Erinnerungsmuster und der Frage nach den eigenen Wurzeln mündete in die „Magenta Lovers“ mit ihren Bildern von Zweisamkeit und zärtlicher Annäherung.

Die neue Reihe „Feeling Blue“ ist die vielleicht existentiellste Folge der Trilogie: sie nimmt nicht nur das Wortspiel auf, sondern betrachtet die Welt und die nun im Fokus stehende Einzelperson durch einen ganz eigenen Filter. Die Figuren in den Bildern scheinen auf sich zurückgeworfen. Sie sind einzeln, isoliert und wirken zugleich ernsthaft, bestimmt und selbstbewusst. Es gilt, die geistige Landschaft des Einzelnen zu finden, die Verortung und Begrenzung auf sich selbst . Sie stellen sich nicht so sehr die Frage nach dem Sinn des Daseins, sondern weisen über sich hinaus in der Suche nach dem Vorhandensein von „Etwas“ in der Welt . -

Dabei ist die Realitätserfahrung der eigenen Welt zugleich verbunden mit einer aus Filmen, Literatur, Erzählungen angeeigneten Realität . Das Erdachte, die Zeit, die wir in unseren Träumen und Wünschen erschaffen, fließen ebenso in diese Welt mit ein. In Bildern dieser „Feeling Blue“ -Folge tauchen Überlagerungen verschiedener Sujets auf: sie verweisen auf die gedankliche Vielschichtigkeit und dem Zusammentreffen zeitlich ungleicher Gedanken, der Mehrfachbelichtung in der Photographie entsprechend. Blau ist die Farbe der Ferne, der Luft und der – räumlichen – Tiefe. Die symbolisch als unendlich empfundene Welt ist dem Bewusstsein von der Endlichkeit der menschlichen Erkenntnis gegenübergestellt ; der Wunsch, diese Schranken zu durchbrechen und zu neuen Horizonten vorzustoßen, ist bis heute eine der Wesensdefinitionen von Kunst.

Uli Seitz